Corporate Punk: Gedanken zur deutschen Variante des Punk

20.11.2010, 08:56

Vorzeige Nationalhipster Tim Renner schwadroniert vom "Participation Punk". Die Fortsetzung des Grauens?

2005 machte unsere Initiative I CAN´T RELAX IN DEUTSCHLAND den Deckel zu: Eine unkritische Bewegung, die sich linker Symbole bediente um damit einen neuen deutschen Nationalismus als scheinbar hippen vermeintlich neuen Lifestyle abzufeiern? Nicht mit uns! Schwarz, Rot, Gold war plötzlich nicht mehr der hässliche Lappen, den man beim Spießer im Garten einheimste um ihn der Entsorgung zu zu führen. In den Nationalfarben steigerte sich die Deutschesten dieser Gesellschaft  in eine befremdliche Exstase, die sich von der Deutschen Wiedervereinigung, fremdenfeindliche Pogrome, der rot/grünen-Bundesregierung über Du Bist Deutschland, Wir Sind Papst und WM 2006 nachzeichnen ließ. Nationalismus sollte plötzlich mit den Trademarks jung, frech und frisch zusammen passen. Deutschland-Fans gaben sich unverholen und unbedarft.  Die Love Parade stand seit Anfang der 1990er als Symbol für rechtslastig-konservativen Kopf-Aus-Lifestyle. Das Unpolitische wurde zur nationalen Sache und war nicht minder politisch. Wie schon von Tom Holert und Mark Terkessidis treffend bemerkt wurde:

Der deutsche Markt wurde hier mit Eurodance und Schlager-Rave geflutet, während die gesellschaftlichen Diskurse sich um Ökologie, Ausländerhass und Golfkrieg drehten. Hatte man in Amerika mit Grunge und in England mit Brit-Pop eine kulturelle Antwort, »die die vorgebliche Authentizität des amerikanischen Mainstreams scharf zurück wies« und in England »eine eigene Form von Authentizität restaurierte«, entfalteten in Deutschland zwei andere Strömungen gesellschaftliche Wirkung: »?Nazi Skins und Raver?. Diese Jugendkulturen verkauften und verkaufen gleichfalls den Mainstream als Minderheit. Nazi Skins fühlten sich als Rebellen gegenüber der allzu liberalen, allzu multikulturellen Gesellschaft. Und diese Gesellschaft beeilte sich, so zu tun, als seien sie tatsächlich ein Ergebnis der Durchsetzung des ?Denkens der ´68?, als seien sie ein Produkt von zu viel Autoritätsverlust, Konfliktpädagogik oder Antinationalismus. Die amerikanische Nation begrüßte ihre ?alternativen? Kinder und die britische ihre ?subversiven?, während die deutsche Nation kaum verholen ihre ?Nazi-Kids? instrumentalisierte, um das ungeliebte Asylrecht endlich loszuwerden. Die deutsche Ravekultur wiederum hat spätestens mit der monumentalen Love Parade 1996 bewiesen, dass ihr Hedonismus den neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten  perfekt entspricht. ?Die ?Love Parade? ist dieLeistungsschau der Wiedervereinigung?, stellte Cord Schnibben fest, ?ein Triumpmarsch für Helmut Kohl.?«1

2010: Wirtschaftskrise als Dauerzustand sowie  Stuttgart21, Gorleben-Revival und das Love-Parade-Ende als prägende Ereignisse im Nacken gelten als das Ende der Hip-Hip-Hurra-Gesellschaft. Die Gesellschaft entdeckt wieder die Lust am Protest. Ausgerechnet Tim Renner, Vorzeigehipster des neuen deutschen Kulturnationalismus in Deutschland, entdeckt den Punk für sich. Nur: Wenn Renner sich auf Punk bezieht, dann weil er eine VOLKSbewegung dahinter vermutet ... und genau das ist was es schon immer bei ihm war: Wahnvorstellungen. Punk will er umcodieren, zur Lust am Mitmachen statt Dagegen zu sein, sich an der Bewegung zu beteiligen, in den Dienst der Masse und des Staates zu stellen. Punk als neues Anpassungsmodell? Konform und unkritisch? Genau das ist nicht Punk und Emanzipation sondern Volk, Heimat und Schlagerkultur, die das Wort "Participation" gar nicht benötigt um zu beschreiben was Sache ist... nur hört sich das eben (mal wieder) nicht so jung, frisch und vor allem frech an.

Für einen Diskurs um eine emanzipative Kritik an Staat, Nation und Kulturindustrie!

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1 Holert, Mark; Terkessidis, Mark (Hrsg.), "Mainstream der Minderheiten: Pop
in der Kontrollgesellschaft", Edition ID Archiv, Berlin, 1996




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